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Die Smartphone-Welt aus der Sicht eines Blinden

von Manuel Osswald

Barrierefreiheit in der Technik

Viele denken jetzt wahrscheinlich an Rollstühle oder sonstiges – der Begriff Barrierefreiheit geht aber viel weiter. In unserer heutigen Zeit sind Touchscreens unumgehbar. Das wichtigste unserer Geräte – das Smartphone – verfügt seit Apple das iPhone 2007 vorgestellt hat über einen Touchscreen. Diese Vorgehensweise übernahmen daraufhin auch weitere Hersteller wie Samsung oder auch Google selbst. Das Betriebssystem dieser Smartphones, egal ob es iOS oder Android ist, ist nämlich ausschließlich über den Touchscreen steuerbar. Lediglich die Lautstärke des Gerätes und das Sperren / Erwachen (Sleep/-Wake) sind über Tasten an der Geräteseite nutzbar.

Was machen nun also Menschen, die beispielsweise blind oder stark seh-eingeschränkt sind oder auch andere Behinderungen haben?
Apple selbst stellt dazu einige Bedienungshilfen zur Verfügung und die Hersteller bemühen sich sehr darum, vor Allem Apple, dass jeder die Geräte nutzen kann. Auf der Welt gibt es aber natürlich nicht nur Smartphones. Computer und auch andere Geräte sind auch wichtiger Bestandteil unserer heutigen Gesellschaft, auch das Internet ist überall.

Mein Name ist Manuel Osswald, ich bin aktuell 17 Jahre alt und bin seit meiner Geburt an blind unterwegs. Dass ich schon seit meiner Geburt nicht nur blindlinks durch den Alltag der Technik schreite, möchte ich Ihnen hier erläutern. Wie benutzt ein Blinder beispielsweise das Smartphone, den Computer oder auch andere Geräte? Begleiten Sie mich durch den technischen Alltag.

Das Smartphone für einen Blinden

Wie sie bereits im vorigen Abschnitt erfahren haben, können Blinde und auch anders-eingeschränkte Menschen problemlos ein Smartphone bedienen. Vorreiter in diesem Bereich ist auf jeden Fall Apple mit seinem iPhone. Ich beispielsweise besitze ein iPhone 7 Plus, welches ich dank der Bedienungshilfe VoiceOver steuern kann.
Doch wie soll das denn funktionieren? Es ist ganz einfach.

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VoiceOver ist eine integrierte Sprachausgabe, welche Apple mit jedem iOS-Gerät, egal ob iPhone, iPad oder iPod touch mitliefert. Zu finden ist sie unter Einstellungen > Allgemein > Bedienungshilfen > VoiceOver.
Doch wie bediene ich nun eigentlich mein Gerät? Ich kann ja schließlich den Touchscreen nicht sehen. Genau deshalb muss sich ihn ja erst einmal berühren können, ohne dass die Berührung direkt ausgeführt wird – zumindest nicht als solche, die der sehende Nutzer gewohnt ist. Ich erfühle durch einfaches Tippen zuerst den Homescreen des Gerätes. Ich kann auch ganz einfach den Finger auf dem Bildschirm liegen lassen und über das Display fahren. Alles, was sich unter meinem Finger befindet, wird von VoiceOver vorgelesen. Somit eröffnet sich dem Blinden Nutzer hier eine neue – digitale Welt. Die Möglichkeiten sind schier unbegrenzt. Durch diverse Apps kann so nämlich das Smartphone zum Allround-Talent für diese Zielgruppe werden. Texterkennung, Objekterkennung und Farberkennung sind dank hochwertiger Kameras beinahe kein Problem mehr – Wenn auch nicht immer alles rund läuft – auch bei Apple nicht.


Übrigens: Sogar die Einrichtung der iOS-Geräte kann komplett blind durchgeführt werden. Einfach dreimal die Home-Taste (bis iPhone 8) drücken und schon quatscht die komprimierte Stimme, die später durch eine höherwertige in den Einstellungen ersetzt werden kann, durch den Lautsprecher und ermöglicht dem Blinden die Selbsteinrichtung des Gerätes.

Somit werden durch die Smartphones und Tablets die Computer nahezu überflüssig. Natürlich nicht, wenn es um Programmieren oder komplexere Angelegenheiten geht. Jedoch benötigt man für das simple Schreiben von Word-Dokumenten oder Notizen, Surfen im Internet oder einfach nur irgendetwas anzuhören – sei es YouTube-Videos, denn die können Blinde dann doch noch nicht sehen, den Computer anzuwerfen. Jedoch sind auch Computer keine Barriere mehr für blinde Nutzer. Egal ob Windows- oder Mac-Computer, beide Systeme lassen sich mithilfe von Sprachausgabe bedienen. Apple integriert auch hier bei seinen Mac-Computern die Sprachausgabe, bei Windows reicht die Microsoft-Sprachausgabe noch nicht für alle Aufgaben aus, hier gibt es aber Alternativen von speziellen Herstellern, die jedoch einen tiefen Griff in die Tasche erfordern. Mit bis zu 3.000 Euro kann hier so eine Sprachausgabe kosten, Marktführer ist hier JAWS.

So ist es also möglich, problemlos durch den Alltag der Technik zu schreiten und nicht einfach als blinder diese Geräte ignorieren zu müssen oder sich ausgeschlossen zu fühlen.

 

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