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LG´s Befreiungsschlag? Das LG G8S Think Q im Test

von Martin

Auf dem MWC in Barcelona kündigte LG sein kommendes Smartphone für Deutschland an. Preise und Spezifikationen waren zu dem Zeitpunkt jedoch nur wenig bis gar nicht bekannt. Jetzt wissen wir mehr und können euch dank der Bereitstellung eines Testgerätes von LG unsere ganz persönlichen Erfahrungen zum Gerät mitteilen. Aus Gründen der besseren Aussprache würden wir uns in diesem Artikel auf den Namen „LG G8S“ beschränken.

 

Verarbeitung und Qualität: Samsung bist du es?

 

Die Verarbeitung des LG G8S ist zweifelsfrei auf Flaggschiff-Niveau und mit Geräten von Apple und Samsung vergleichbar. Auf der Glasrückseite finden wir eine Triple-Kamera und einen Fingerabdrucksensor vor – Hallo Wireless Charging! Die Anordnung der Triple-Kamera mag Geschmackssache sein, wir jedoch finden das Design der Rückseite abwechslungsreich und sehr ästhetisch.  Die Front hingegen erinnert an Smartphones aus 2018. Unter dem Fingerabdrucksensor ist dann noch der dezente Schriftzug „G8S Thin Q“ abgebildet. Alle Tasten haben einen angenehmen Druckpunkt und sitzen ohne Spiel im Gehäuse. Besonders gut gefällt uns der Hochglanz-Edelstahlrahmen. Das Gerät liegt damit extrem gut in der Hand und ist mit 6,21“ Displaydiagonale ausreichend groß. Was uns aber bereits von außen negativ auffällt: Der Power-Button ist extrem weit oben platziert, sodass man beim Entsperren des Telefons umgreifen muss, um heranzukommen. Zwar verbaut LG bei diesem Gerät einen Stereo-Lautsprecher, dieser klingt jedoch relativ flach, bassarm und leise im Vergleich zu anderen Herstellern. Großes Lob müssen wir LG für den verbauten Vibrationsmotor aussprechen. Dieser ist auf den Punkt und mit Apples Taptic Engine auf einem Level.

 

Das Display – ein zweischneidiges Schwert

 

Das OLED-Display hat mit 1.440 x 3.120 Pixeln eine FHD+ Auflösung und ist bei direkter Sonneneinstrahlung noch sehr gut ablesbar.  Wer OLED hört, denkt natürlich sofort an gute Kontraste, kräftige Farben und einen satten Schwarzwert. Das können wir bei diesem Gerät so unterschreiben. Mit einer UVP von 769€ muss sich das Gerät jedoch automatisch dem Flaggschiff von Oneplus, dem Oneplus 7 Pro messen. Das gibt es nämlich schon ab 759€ in der 8GB/256GB Speicher-Konfiguration. Das Gerät von Oneplus bringt für etwas weniger Geld ein wesentlich schärferes Quad-HD-Display mit sich.

Zur Veranschaulichung: Das LG G8S hat eine Pixeldichte von 402 Pixeln auf einem Zoll, während das Oneplus 7 Pro mit 515 ppi wesentlich knackiger daherkommt. Wer von scharfen Displays verwöhnt ist, wird den Unterschied sofort merken. Frühere Problemzonen wie die Blickwinkelstabilität oder den Dynamikumfang, konnte LG bei diesem Gerät hingegen gut umsetzen. Lobenswert ist außerdem die Kratzfestigkeit des Displayglases. LG setzt dabei auf Corning Gorilla Glass 6 und nach einem Monat intensiver Dauernutzung im Alltag konnten wir keine Kratzer auf dem Display finden.

 

Die Software: Etwas altbacken, dafür Feature-Overkill

 

Der Homescreen des LG G8S wirkt aufgeräumt und übersichtlich. Geht man jedoch tiefer ins System, zum Beispiel in die Einstellungen, beginnt das Grauen. Das Einstellungsmenü ist anders als üblich, in Kategorien eingeteilt, in denen man sich von links nach rechts durchwischen kann. Natürlich mag das für eine gewisse Übersichtlichkeit sorgen, jedoch wirkt es auf den ersten Blick auch ziemlich altbacken und überladen. Positiv ist jedoch, dass LG dem Benutzer eine Fülle an Funktionen bereitstellt. Zum Beispiel das Verbergen der Notch, so wie es sich gehört. Oder die Funktion Dual App, dabei könnt ihr 2 Konten für eine App verwenden. Gerade für Whatsapp ist das ein ein Top-Feature. Oder wie wäre es mit 2 Sprachassistenten? Neben dem Google Assistent habt ihr auch Amazons Empfangsdame Alexa mit im Boot.

Kommen wir zur Navigation. Dabei könnt ihr zwischen der herkömmlichen Navigationsart mit den 3 Buttons im unteren Zehntel des Displays und der Gestensteuerung von LGs hauseigener Bedienoberfläche wählen. Uns ist aufgefallen, dass LG sich bei der Gestensteuerung bei Google bedient hat und auf die Gleiche Navigationsvariante wie die Pixel-Geräte setzt. Dies würden wir weder positiv, noch negativ bewerten.

Nicht nur Google musste für die Software des Gerätes Modell stehen. Bei Apple-Smartphones ab dem IPhone X konnte man den Akkustand nur noch durch herunterziehen der Statusleiste erfahren und nicht direkt im Batterie-Symbol anzeigen lassen. So auch hier, nur mit dem Unterscheid, dass für die Prozentanzeige noch genug Platz gewesen wäre. Stattdessen wird der Platz vergeudet, um neben dem WLAN-Symbol anzuzeigen, dass NFC oder Bluetooth eingeschaltet ist. Befindet Ihr euch nicht im WLAN, bleibt der Platz einfach frei. Aus unserer Sicht macht dieser Schritt nur wenig Sinn und ist auch nicht mit der Existenz der Notch zu rechtfertigen, da theoretisch genug Platz frei ist. Zumindest, wenn man die Dual-SIM-Funktion nicht nutzt.

 

Der Akku: Noch Luft nach oben

 

Der verbaute Li-Ion-Akku hat eine Kapazität von 3.500 mAh. Für ein 6,21 Zoll großes Smartphone etwas eng bemessen möchte man glauben. Im Alltagstest hatten wir jedoch nie Probleme über den Tag zu kommen. Wer nur ab und zu aufs Telefon schaut, für den sind sogar 1,5 Tage drin. Zu verdanken haben wir das dem sowohl kraftvollen, als auch sparsamen Snapdragon 855 Flaggschiffprozessor und dem OLED-Panel. Bei der Ladetechnik hält sich die Euphorie leider in Grenzen. Um das Gerät von 0 auf 100% aufzuladen, benötigt es satte 2 Stunden. Und das, obwohl der mitgelieferte Lade-Adapter den Aufdruck „Fast-Charge“ trägt. Zu Unrecht wie wir finden. Um erneut auf den Vergleich mit dem Oneplus 7 Pro zurückzukommen: Bei einem 4.000 mAh großen Akku lädt das Gerät in weniger als 80 Minuten von 0 auf 100 Prozent auf.

 

Air Motion: Eine Technik in Kinderschuhen

 

Kommen wir nun zum großen Feature des LG G8S. Dabei geht es um einen Time of Flight-Sensor auf der Front des Smartphones. Ähnliches sahen wir schon beim Huawei P30 Pro auf der Rückseite. Dieses Kameramodul soll den dreidimensionalen Raum erkennen und der Software besser begreiflich machen können. So ist es möglich, Eingaben wie App-Wechsel, Screenshots oder das verändern der Lautstärke durch eine beschwörerische Handbewegung vorzunehmen. Soweit die Theorie. In der Praxis funktioniert das aber in wenigen Fällen, wie man es sich wünscht. Und nicht selten wird man durch die Handbewegungen zu seinem Smartphone von Außenstehenden belächelt. Schätzungsweise funktioniert die Gestensteuerung in 2 von 5 Anläufen, bei schlechten Lichtverhältnissen, wie zu viel Sonneneinstrahlung potenziert sich das Problem. Falls es euch interessiert, hier seht ihr den ToF-Sensor mal für sich.

Das ist unserer Meinung nach nicht alltagstauglich und somit ist das Feature aktuell leider nicht zu gebrauchen. Lob muss man LG für die Entsperroptionen aussprechen: Gesichtsentsperrung, Hand-ID und ein Fingerabdrucksensor auf der Rückseite. Da wird wohl für jeden etwas dabei sein. Jedoch hatten wir das Gefühl, dass die Gesichtsentsperrung zwar gut funktioniert, jedoch nicht sofort reagiert. Eine mögliche Erklärung wäre, dass das Gerät auf die Erkennung der Hand wartet und das Gesicht dann mit einer Gedenksekunde entsperrt. In diesem Fall ist der Fingerabdrucksensor die wohl schnellste und zuverlässigste Wahl.

 

Die Kamera: 3 Linsen gleich 3fach Spaß?

 

Für Kamera-Liebhaber hat sich LG beim LG G8S spürbar Mühe gegeben. LG verbaut in Ihrem aktuellen Gerät einen Hauptsensor mit 12 Megapixeln, ein Teleobjektiv mit 12 MP und einen Ultraweitwinkel mit 13 MP. Das Umschalten zwischen den einzelnen Kameras funktioniert reibungslos. Das Kamera-Menü ist übersichtlich und wirkt in keinem Fall überladen.

Kommen wir zur Performance der Kamera. Aufnahmen bei Tag wirken ausgeglichen und detailreich. Gute Arbeit leistet auch der Bokeh-Modus der Hauptkamera, auch wenn sich dieser hin wieder (Bild 2) ein paar Patzer erlaubt.

Aufnahmen mit der Selfie-Kamera sind recht scharf und können sich sehen lassen. Der Bokeh-Effekt funktioniert auch hier tadellos. Das haben wir wahrscheinlich dem verbauten ToF-Sensor zu verdanken, welcher das Gesicht räumlich noch besser vom Hintergrund trennen kann.

Beim Thema Low-Light-Performance müssen wir leider aufhören, Loblieder über die Kamera zu singen. Bei schlechteren Licht-Bedingungen verliert die Aufnahme stark an Helligkeit. Zur Info: Die Aufgenommenen Bilder wurden beim jedem Gerät im Nachtmodus aufgenommen, um das Beste aus den Bildern herauszuholen. Aber überzeugt euch selbst. Nachfolgend haben wir das Gerät mit einem Xiaomi Mi Mix 3 und einem IPhone XS verglichen.

Auffällig bei dieser Aufnahme ist, dass das G8S zwar dunklere Bilder macht, die Bildqualität jedoch nicht allzu stark darunter leidet. Beim Gerät von Xiaomi hingegen erfährt das Bild einen starken Qualitätsverlust.

Bei dieser Aufnahme scheiden sich wohl die Geister. Auffällig ist jedoch, dass die Aufnahme des G8S etwas heller wirkt. Lediglich bei der Schärfe hat das IPhone die Nase etwas vorn.

 

Fazit

 

Abschließend lässt sich über das LG G8S sowohl gutes, als auch weniger gutes sagen. Die Verarbeitung des Gerätes ist super, das Display ist auf Flaggschiff-Niveau und das Smartphone bringt eine Menge nützlicher Features mit sich. Auch die Kamera leistet bei Tag sehr gute Arbeit, nur bei dunkler Umgebung kann das Kamera-Modul leider nicht mehr mit aktuellen Flaggschiffen mithalten. Die Gestensteuerung über den ToF-Sensor steckt noch etwas in den Kinderschuhen und auch sonst leistet dieser zum Beispiel bei der Gesichtserkennung keine sonderlich gute Arbeit. Ein etwas altbackenes Design und ein paar Patzer beim Thema Software sorgen für Abzüge in der B-Note. Dass LG im Jahr 2019 immer noch eine breite Notch verbaut, darüber dürften sich wohl wenige freuen. Aufgrund der ToF-Technik ist dieser Schritt jedoch notwendig. Mit einer UVP von 769€ ist der Preis LG-typisch etwas zu hoch angesetzt, wir sind uns jedoch ziemlich sicher, dass der Preis recht schnell fallen wird. Und wenn das geschehen ist, kann man beim LG G8S bedenkenlos zugreifen und hat ein Gerät, mit dem man für die nächsten 3-4 Jahre gut gerüstet ist. Ob das Gerät LG´s angekündigter Befreiungsschlag ist, bleibt abzuwarten. Aufgrund der aktuellen Produktpolitik zum LG G8 aber zweifeln wir etwas daran. Denn das G8 ist das eigentliche Flaggschiff und wurde auf dem MWC zur Schau gestellt. Wann und ob das Gerät überhaupt nach Deutschland kommen wird, weiß keiner so genau.

 

Falls euch dieser Artikel gefallen hat, dann schaut euch doch gern auch unseren Testbericht zum LG G7 Think Q an, dem Vorgänger aus 2018.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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